Die Sitia Yaliea
Einwohner: 912 (Census Mizirionensis 1030 BF)
Wappen: Rote Rose auf goldenem Grund
Herrscher: Sitiariowahl anstehend (Interimsverwalter Fortunato di Guya)
Einflussreiche Familien: Di Guya, Barrón, Paduli, Ravenna und Gonzéles
Wichtige Ortschaften: Trimano (400 Ew.)
Bedeutende Güter und Plantagen: Landgut Di Guya am Rosensee
Wichtige Erzeugnisse: Fleisch, Leder, Lebendvieh, Pferde
Landschaften: Hochebene, trockener Wald, kleines Sumpfgebiet am Rosensee
Wichtige Verkehrswege: Handelsstraße Sylphur-Vinay
Garnison: alle Familien halten diverse Schlagetots in ihren Diensten, fast alle Erwachsenen können mit einer Waffe umgehen
Mysteriöse Orte: Nebelverhangene Insel auf dem Rosensee
Einführung
“Oh, Madre Traviata”
Beinahe exakt zentral im Königreich Brabak gelegen, ist Yaliea (sprich: Ya-li-E-a) eine ziemlich unauffällige, wenn auch unruhige Provinz des Reiches. Von den Schrecken des Kaps, den Stürmen an der Küste oder gelegentlich landenden Seeräubern ist man hier seit Menschengedenken zwar verschont geblieben, doch die Bewohner Yalieas scheinen sich selbst der ärgste Feind zu sein. Die Sitia ist ein verrufener Landstrich, in dem, der Meinung anderer Brabaker nach, nur Räuber und Rinderhirten leben – und da die Unterscheidung auch sehr fließend wäre. Ein Land in dem die rohe Gewalt herrsche und die Selbstjustiz gang und gäbe ist und dessen Bewohnern man allerlei Schreckliches zuschreibt.
Doch wollen wir nicht dem Geschwätz des Pöbels folgen, sondern uns ein eigenes Bild machen.
Das Land
“Yaliea? Nur Rinderhirten und Raubmörder!” – des Volkes Stimme
Yaliea ist ein einigermaßen fruchtbares Land, die Erträge der Felder reichen gerade dazu die Bevölkerung, wenn auch ärmlich, zu versorgen. Der eigentliche Reichtum liegt aber nicht in den im Osten angesiedelten wogenden Maisfeldern und Reisplantagen, sondern in den weiten offenen Ebenen des Westens. Hier durchziehen zu jeder Zeit des Götterlaufes riesige Rinderherden die Grasland-schaften, begleitet von den Gauchos, den traditionellen Rinderhirten.
Im Norden begrenzt der sich zum Großteil in Pratai befindliche Calunider Forst das Sítia Yaliea. Die südlichen Ausläufer dieses Waldgebiets ragen bis nach Yaliea hinein, konnten aber in den letzten Jahren durch Brandrodung ein gehöriges Stück zurückgedrängt werden. Nach diesen Erfolgen benannten die Waldarbeiter und Farmer diesen Südteil des Forstes schnell in „Wäldchen“ um, obwohl er immer noch ein gutes Fünftel der Fläche Yalieas ausmacht. Auch den Sumpfgebieten an der östlichen Grenze zu Al’Sarrajar konnte, wenn auch nur mühsam, im letzten Jahrzehnt der eine oder andere Acker abgetrotzt werden, so dass die Felder des Ostens inzwischen nahtlos in die Sümpfe übergehen – eine Tatsache, die immer wieder zu Unglücken führt. Beide, Wald wie Sumpf, haben den Ruf vielen Räubern eine Heimstatt zu bieten, gibt es dort doch gute Verstecke.
Im Süden der Provinz bilden zum Teil zwei kleinere Seen die Grenze zu den Nachbarn. Halb auf dem Gebiet Maceiós liegt der Gerico-See, halb auf dem Gebiet Rabechas der kleinere Rosensee, der einen malerischen Küstenstreifen aufweisen kann. Auch im Osten liegt ein ruhiges Gewässer – der sumpfige, schlammige Froschgrundsee.
Die größte Ansiedlung Yalieas ist zweifelsohne Trimano mit seinen etwa 300 Einwohnern, das recht zentral einige Meilen nördlich des Rosensees gelegen ist. Dem Reisenden, der sich nach Trimano begibt, bietet sich bei der Ankunft ein absonderliches Bild. Nachdem er zweifellos mehrere Stunden, wenn nicht noch länger, über saftige Wiesen und weite Felder geritten ist, wird das Land um ihn herum langsam immer staubiger. Wenn er näher kommt sieht er auch warum. Das Gras ist niedergetrampelt von den Hufen unzähliger Rinder, die alle auf den zentralen Viehmarkt in der Stadt des Sítiarios getrieben werden. Von diesem Markt ist das Erscheinungsbild Trimanos auch wesentlich beeinflusst. Überall zwängen sich Rinder durch die Straßen, hört man die Rufe der Gauchos, der Viehtreiber und die Schreie der Tiere.
Die Kneipen und Schenken sind gut gefüllt und heiseres Schreien erfüllt die Stadt, hier können die Hirten ein wenig “auspannen“ was für sie bedeutet, dass sie dem Boltan, dem Schnaps und den Frauen oder Männern frönen, das so mancher Straus ausgefochten wird und wenn einer gehängt wird, weil er gemordet oder – was viel schlimmer ist – ein Rind, oder gar ein Pferd gestohlen hat, dann kommt es oft zu spontanen Volksfesten.
Die Residenz Fortunato di Guyas liegt deshalb etwas außerhalb. Sie ist weniger ein Schloss als eine große Ranch, auf welcher der Sitiario nicht nur Kühe und Ochsen, sondern auch seine reichsweit bekannte hervorragende Pferdezucht untergebracht hat. Wenn er einmal Abstand von Trimano gewinnen will, macht sich di Guya auf zu seinem kleinen Türmchen am Rosensee – wohl der schönste Platz in der ganzen Sitia. Eine ähnliche “Residenz“ besitzen auch die Barróns, eine große Hacienda mit viel Platz für die Tiere und den vielen Bediensteten der Familie.
Neben Trimano finden sich in der ganzen Sitia kleinere Ansiedlungen, in denen sich Viehzüchter wie Kleinbauern gleichermaßen niedergelassen haben. Erwähnenswert ist noch der Ort Pan-Pantam, nahe Adjava liegend, einer Hausbootsiedlung auf dem Froschgrundsee. Er hat den Ruf, ein gesetzloser Sündenpfuhl zu sein, und ist auch Heimat der „Feqzfänge“, einer lokalen Kopfgeldjägerbande.
Die Menschen:
“Ich spuck in den Saft deiner Mutter!” – sicherste Möglichkeit, sich Feinde in Yaliea zu machen
Das Yaliea nur aus Banditen und Galgenvögel besteht ist natürlich der reinen Phantasie der Brabaker zuzuschreiben, die Wahrheit liegt doch etwas anders. Der Großteil der Yalieanis ist wie der Sijaker eben ist: bodenständig, fromm, trocken – man könnte auch ein wenig phantasielos sagen – und eher der harten Arbeit als dem Müßiggang zugetan – aber auch ehrsüchtig. Manche meinen auch humorlos, aber das ist wahrlich kein Brabaker, und der Yalieani kann ein äußerst witziger Zeitgenosse sein – wenn man ihm seine doch etwas provinziellen Eigenheiten lässt:
So sollte man einen Yalieani nie bei der Siesta stören, wenn er/sie sich am Mittag, wenn es zu heiß wird, in den Schatten zurückzieht und genüsslich sein Rauschkraut pafft, etwas Essen zu sich nimmt und vor sich hin döst.
Überhaupt gehört das Rauschkraut zur festen Tradition. Der Göttinendienst ist eine heilige Pflicht, der Tempelgang der feste Punkt im Tag des Yalieanis. Vorherrschende Göttin in Yaliea ist Travia, Madre Traviata genannt, der die inbrünstigen Gebete gelten und deren Gebote das Leben hier vor allem beeinflusst. Die Gastfreundschaft wird hochgehalten, ebenso wie eine sehr rigide Moral:
Huren und Lustknaben gelten als äußerst verwerflich – und werden trotzdem häufig frequentiert, eine Scheidung von Eheleuten ist ein Skandal ohne Gleichen und endet nicht selten in Familienfehden und Duellen. Denn die Ehre – gerade der Familia, mag sie auch noch so arm sein – gilt viel und um einen Streit vom Zaun zu brechen, muss man wahrlich nicht viel Worte machen. Natürlich geschieht so eine “Ehrenbereinigung“ stets im Namen Travias, Madre Traviata ist oft das erste Wort bei einem Streit und das letzte, wenn der Unterlegene sein Leben im eigenen Blut aushaucht….
Der schlechte Ruf der Yalieanis lässt sich vielleicht durch diese Ehrsüchtigkeit und Streitlust erklären: Denn ebenso wie er ruhig und stockkonservativ ist, solange es ihm gut geht und man seine Ehre bzw. die seiner Familia, oder gar die seiner Mutter nicht verletzt oder beleidigt , kann dies ebenso ins andere Extrem umschlagen. Der Yalieani glaubt nicht sonderlich an die Obrigkeit, schon gar nicht das diese ihm Gerechtigkeit bringen könnte. Doch wer will ihnen dieses Unvertrauen verdenken? Beherrscht werden sie seit Jahr und Tag von den „Rinderbaronen“, denen eine Moral geradewegs abgeht und die weniger wegen ihrer Menschenliebe als ihrer Gold-, Land- und Rindergier bekannt sind. Auch dem fernen Brabak und dem König steht man in provinzieller Abgeschiedenheit eher reserviert gegenüber: Was würde einen Mizirion schon dieses Stückchen Land interessieren? Bei einem solchen Menschenschlag grassiert natürlicherweise die Selbstjustiz und ein Mensch ohne Waffen gilt als verachtungswürdig, die mit Waffen als Ehrenfauen bzw. -männer
Der Gaucho:
“Willste‘ Kabbala oder was?” – Duellforderung
Das Bild des Landes wie auch seiner Wirtschaft prägen die Rinder und die Gauchos, so das wir auch auf dieses Phänomen ein wenig eingehen wollen: Der Gaucho ist ein rauer Geselle (oder eben Gesellin), in kleinen Gruppen zieht er mit einigen Hunden und vielen Rindern durch die Grasländer. Es ist kein aufregendes, aber hartes Leben: Rinderauftrieb, Rinderabtrieb, Trocken- wie Regenzeit, mehr scheint es im Leben dieser Reiter nicht zu geben. Gekleidet ist er in Weste, in Pluderhose, schwarzem, breitkrempigen Hut und Halstuch, vollendet wird diese Montur des Gaucho durch die beiden traditionellen Messer: Die hoja – Klinge – und die facón.
So reitet der Gaucho jahrein und jahraus mit seinem Pferd und hat einen Haufen Aufgaben: er muss die Herde zusammenhalten, sie zählen, im Herbst muss er die Stiere von den Muttertieren trennen, im Sommer werden sie markiert und kastriert und irgendwann bringt er die Rinder zu ihren Käufern, der sie dann schlachtet oder weitertransportiert. Das er dabei meist auf sich allein gestellt ist, dass er Viehdiebe ebenso wie Raubtiere alleine abhalten muss, macht ihn stolz, aber ebenso eigensinnig und oft uneinsichtig. Er glaubt nicht an die Gesetze der „Städter“, wie er alle Nicht-Gauchos nennt, nein die Gerechtigkeit muss man schon selbst in die Hand nehmen und wenn man diese nicht normal erlangen kann? Nun, dann wird der Gaucho eben ein Räuber und holt sich seinen Teil zurück und wenn dabei jemand zu Schaden kommt, dann ist dies eben sein Pech, dieser kann ja auch so handeln.
Mann muss sich wohl über den Ruf der Yalieaner nicht mehr wundern, wenn man einem Gaucho begegnet, er ist streitlustig wie rüpelhaft, wenn er einmal in der “Stadt“ ist, säuft er wie ein Ertrinkender, hurt was das Zeug hält und seine Messer sitzen locker. Natürlich ist er trotzdem ein frommer Gläubiger Travias und hält ihre Gebote hoch und wehe man beleidigt die Mutter eines Gauchos…
Der Gaucho ist jedoch trotzdem nicht sein eigener Herr, denn die Rinder gehören den großen Familias des Landes, den mächtigsten di Guyas, den mehr landbesitzenden Barrons, sowie kleineren Familien und fühlt sich ein Gaucho von seinen Herren hintergangen oder übervorteilt, holt er sich das mit der Waffe zurück. Das sich das die „Rinderbarone“ natürlich nicht gefallen lassen, liegt auf der Hand, so das sie ihrerseits Desperados anheuern um die anderen zu bekämpfen…
Der Räuber:
“Oh Desperado, Caballero der Steppe….” – Anfang des sicherlich bekanntesten Liedes in Yaliea
Eine wahre Plage sind die Räuber in Yaliea und jeder von ihnen hat eine Geschichte, welch himmelschreiendes Unrecht ihm angetan wurde und „das er ja nur seine Ehre bereinigen will, er ja eigentlich ein frommer Gläubiger ist und guter Bürger“. Natürlich ist mindestens die Hälfte davon Geschwätz, aber nichtsdestotrotz ist der Bandit ein ehrenhafter “Beruf“ in Yaliea. Was den Bauern oder Hirten aber auch nicht abhält, den Desperado zu verfluchen, wenn dieser ihn heimgesucht hat – und auch, egal wie ehrenhaftig dessen Gründe waren, den Banditen nur allzu gerne hängen sieht, denn wenn einer gehängt wird in Yaliea, ist das immer auch ein Fest mit Musik und Tanz…
Wenn der Yalieani seine Gerechtigkeit selbst in die Hand nimmt, wird aus Bodenständigkeit oft Grausamkeit, aus Phantasielosigkeit Gerissenheit, nur fromm bleibt er immer, es gibt wohl keine so tief frommen Desperados wie jene aus Yaliea.
Der bekannteste Desperado in Yaliea ist Radolpho „El Carnicero“ Fierro, der seinen Beinamen der Schlächter nicht ohne Grund trägt, brutal und rücksichtslos führt er seine Bande – die mit zwanzig Köpfen als die größte gilt – wie er seine Überfälle ausführt. Gelenkt wird er vom Hass auf alle „Rinderbarone“, war er doch einst ein freier Herdenbesitzer, denn die raffgierigen „Barone“ alles genommen haben: Ehre, Familie und Besitz…
Eine andere Bande die man nur als die “Wölfe” kennt, überfallen – wie auch Fierros Bande – manchmal die Mysobstrasse und haben ihr Versteck wohl im Calunider Forst.
Ebenso bekannt ist auch der immer allein räubernde “Drei-Finger-Pacheco”, ein Unfreier, der den Kampf gegen die Obrigkeit und die “Rinderbarone” aufgenommen hat, weil diese soviel Unrecht tun und doch nie bestraft werden. Seinen Beinamen bekam er, als ihm als Strafe wegen Diebstahls zwei Finger abgehackt wurden. Seitdem durchstreift er das gesamte Sitia, tötet die Handlanger der “Barone” und zerstört ihren Besitz. Ein Meister im Umgang mir Machete und Armbrust, kämpft er seinen einsamen Kampf, ausgestattet nur mit Mut und List. Es muss wohl nicht besonders erwähnt werden, dass er als Volksheld der Armen gilt.
Die Familias
“Mögest du keinem Freund begegnen, wenn du den Berg des Wohlstands erklimmst” – Trinkspruch aus alter Zeit
Die Machthaber Yalieas sind die “Rinderbarone”, wie sie oft verächtlich genannt werden, mächtige weil reiche Familien. Die zwei größten sind die di Guyas und die Barróns, darauf folgen die drei kleineren Familias, die Ravennas, die Paduli und die Gonzèles.
Diese fünf Familias teilen sich die Macht in Yaliea , schon immer ebenso verfeindet, wie auch verschwippt und verschwägert, stellt eine von ihnen auch traditioneller weise den Sitario, eben immer davon abhängend wer die anderen Familien auf seine Seite bringen kann. Oft gegeneinander kämpfend, halten sie doch gegen Einmischung von Außen, wie gegen Unruhen im Innern eisern zusammen.
Die Macht der di Guyas liegt auf ihrem Reichtum: weit mehr als die Hälfte aller Gauchos und Rinder gehören der Familie, dazu kommt noch die berühmte Pferdezucht sowie der äußerst einträgliche Handel mit dem Kemi-Reich. Das einige Mächtige des Umlands bei ihm Schulden haben, wollen wir auch nicht unerwähnt lassen. Das Oberhaupt der Familia ist Fortunato di Guya. Die Barróns hingegen verfügen weniger als ein Viertel der Rinder und Gauchos des Landes, dafür besitzen sie viel Land – wahre Großgrundbesitzer – und einen blutigen Ruf. Letzterer stammt vom Begründer der Familie, dem Großvater des heutigen Machthabers, einem Räuberhauptmann und wird von unseren Tagen von seiner Enkelin Traviara Barrón weitergeführt. Die Ravennas sind ebenfalls Großgrundbesitzer, ihnen gehören viele der Felder im Osten Yalieas‘ und verdienen ihr Geld durch den Verkauf des von ihnen angebauten Rauschkrauts. Der Patriarch der Familia ist zur Zeit der feiste Quentio Ravenna. Der Einfluss und der Reichtum der Paduli hingegen beruht auf den Rindern und vor allem auf ihren Gauchos, die als die Besten gelten und die sie an di Guyas und die Barròns vermieten. Diesen Ruf in sich vereinigend ist das Oberhaupt Trévala Paduli. Derzeit hat die Familie außerdem die größten Aussichten auf den Sitiariotitel. Die Gonzéles hingegen sind Händler, eben jene mit den Verbindungen in andere Provinzen und oftmals Zwischenhändler der anderen Familias, sie sind auch an der Handelsgesellschaft Natraco beteiligt. Die derzeitige Matriarchin ist Zibelda Gonzéles.
Originaltext von Gabriel Eggert
— Sebastian | Erstellt am 03/10/2007 23:50 Uhr